Sechs "Heidenspaß-Partys" an Totensonntag in München
Bund für Geistesfreiheit München feiert in Freiheitshalle, DNA-Club, Goldener Reiter, Legal Club, Prosecco Bar und Vintage Club
Trotz gesetzlichen Musik- und Tanzverbots in Bayern hat der Bund für Geistesfreiheit München (bfg München) an den sog. "Stillen Tagen" (Bayerisches Feiertagsgesetz) - Allerheiligen, Volkstrauertag, Buß- und Bettag, Totensonntag - in zehn Münchner Clubs und Bars 20 Veranstaltungen organisiert. Mit dabei u.a. Freiheitshalle, Milchbar, Legal Club, Fat Cat und Prosecco Bar. Dass wir überhaupt feiern können, ist einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 zu verdanken.
14 "Heidenspaß-Partys" sind inzwischen vorüber, fast alle waren sehr gut besucht. "Inzwischen sind auch alle Veranstaltungen vom Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) genehmigt worden, was uns sehr freut. Wir würden uns allerdings wünschen, dass die Veranstaltungen ganz ohne Plazet des KVR durchgeführt werden können," sagt Assunta Tammelleo, Vorsitzende des bfg München.
Die sog. "Weltanschauliche Ansprache"
Aber nicht nur, dass die Veranstaltungen an Stillen Tagen vom KVR erst genehmigt werden müssen. Auf den Festen und Partys muss der bfg München zudem regelmäßig erläutern, was seine weltanschaulichen Anliegen und Vorhaben sind, so steht es im Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
Assunta Tammelleo kann die rechtlichen Vorgaben und Beschränkungen nicht nachvollziehen. "Warum sollte jemand an stillen Tagen nicht einfach tanzen dürfen? Woran soll sich ein gläubiger Christ z.B. an Allerheiligen stören, wenn eine Halloween-Party in einem geschlossenen Raum stattfindet? Es kann doch nicht Aufgabe des Staates sein, Menschen Vorschriften zu machen, wie sie an einem Feiertag ihre Freizeit verbringen sollen. Selbstverständlich sollen und dürfen Christ*innen, in Stille und Trauer gedenken. Sie dürfen aber nicht Anders- und Nicht-Gläubige zwingen, es ihnen an einem solchen Tag gleich tun zu müssen. Wir zwingen ja auch niemanden, mit uns zu tanzen. Bei uns sind alle Menschen herzlich eingeladen zu unseren Partys zu kommen. Und mit "alle" meinen wir alle! Nicht nur Ungläubige sind willkommen, sondern auch Gläubige, Andersdenkende, Zweifelnde jeden Alters, jeden Geschlechts, jeder sexuellen Orientierung, jeder Herkunft."
Warum braucht es an Stillen Tagen den Bund für Geistesfreiheit München zum Tanzen und Feiern?
Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 darf trotz Musik- und Tanzverbots an sog. Stillen Tagen gefeiert werden. Die Richter*innen in Karlsruhe hatten am 7. Oktober 2016 entschieden, dass Artikel 5 des Bayerischen Feiertagsgesetzes mit der Weltanschauungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar ist. Damit folgte es einer Verfassungsbeschwerde des bfg München, der sich nach dem Verbot seiner "Heidenspaß- statt Höllenqual-Party" an Karfreitag 2007 durch alle Instanzen geklagt hatte.
Seitdem sind an Karfreitag und allen anderen acht "Stillen Tagen" Ausnahmen möglich, wenn wir auf den Festen und Feiern unsere Anliegen thematisieren. Der Bund für Geistesfreiheit München tritt ein für die strikte Trennung von Kirche und Staat sowie für Bürgerrechte und Demokratie. Aktuell engagieren wir uns für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs bzw. die Abschaffung des §218 StGB, in der der Abbruch geregelt ist. Außerdem klagen wir gegen den Kreuzerlass der bayerischen Staatsregierung vor dem Bundesverfassungsgericht. Ein Überblick über unsere Tätigkeiten findet sich hier.
Auf Grundlage des Urteils des Bundesverfassungsgerichts hat der bfg München "Heidenspaß-Partys" im Oberangertheater (2017), Blitz Club (2018/19) und in der The Keg Bar sowie der Kulturbühne Hinterhalt (beide 2022) mit Tanz, Live-Musik, Kabarett und vielem mehr veranstaltet. An Gründonnerstag und Karfreitag 2023 waren es dann schon sieben Veranstaltungen, im November 2023 (Allerheiligen, Buß- und Bettag, Volkstrauertag und Totensonntag) insgesamt 14 Feste. An Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag gab es 47 Veranstaltungen des bfg München. Besonders gefreut haben wir uns über die vielen Presseberichte an Ostern, hier ein Überblick.
Tanzverbot abschaffen
Die Forderung des bfg München ist klar: "Das Tanzverbot muss weg. Ein solches Instrument der Bevormundung und Kontrolle von Menschen hat in einer Demokratie nichts zu suchen. Dazu muss endlich das bayerische Feiertagsgesetz liberalisiert werden," so Assunta Tammelleo.
Auch auf einen Vorwurf, der dem bfg München gegenüber immer wieder geäußert wird, geht Tammelleo ein: "Nein, wir wollen keine gesetzlichen Feiertage abschaffen, aber wir können uns eine Umbenennung von Feiertagen in einem immer säkularer werdenden Land gut vorstellen. Und wir plädieren für andere gesetzliche Feiertage, z.B. Internationaler Frauentag am 8. März, Tag der Befreiung am 8. Mai oder Tag der Menschenrechte am 10. Dezember."
Orte und Termine für die Partys an Totensonntag
- Freiheitshalle, 23.11.
- DNA Club, 23.11.
- Goldener Reite, 23.11.
- Legal Club, 23.11.
- Prosecco Bar, 23.11.
- Vintage Club, 24.11.