Staatsleistungen: Offener Brief von BASTA an die Abgeordneten des 20. deutschen Bundestages
Das „Bündnis Altrechtliche Staatsleistungen Abschaffen (BASTA) fordert in einem Offenen Brief die Abgeordneten des Deutschen Bundestags auf, das Grundgesetz ernst zu nehmen und den Verfassungsauftrag zu erfüllen. Wir dokumentieren den Brief im Wortlaut:
Nach dem Ende der Monarchie in Deutschland 1918 sollten Staat und Kirche gemäß Artikel 138 I der Weimarer Verfassung WRV auch finanziell getrennt werden. Die Verfassungsgeber legten daher fest, dass die aus Adelszeiten herrührenden Leistungsansprüche der Kirchen gegenüber den deutschen Ländern durch einmalige Ablösung endgültig zu beenden sind. Dieser Verfassungsauftrag wurde 1949 sowohl ins Grundgesetz als auch in die Verfassung der DDR übernommen und wird seitdem ignoriert.
Der Bund ist verpflichtet, ein Ablösegesetz aufzustellen
Sie als Bundestagsabgeordnete haben laut Artikel 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 1 Satz 2 WRV die Pflicht, die Grundsätze für eine faire Ablösung aufzustellen, nach denen die Länder ihre Leistungspflichten gegenüber den Kirchen durch angemessene Ablösung zu beenden haben. Dieser eindeutige Verfassungsauftrag richtet sich ausschließlich an den Bundestag und damit an Sie. Weder die Länder noch die Kirchen haben bei der Aufstellung der Grundsätze für die Ablösung ein Mitspracherecht.
Das Grundgesetz sieht vor, dass Sie als unbeteiligter Vermittler die Rahmenbedingungen für die Beendigung der vorkonstitutionellen Staatsleistungen festlegen. Hierbei haben Sie im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zwischen den Interessen der Länder bzw. der Allgemeinheit und denen der Kirchen abzuwägen und eine angemessene Ablöseregelung per Gesetz festzulegen.
Laut Medienberichten wurde seitens der Bundesregierung eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne, dass Ergebnisse oder Erörterungen öffentlich bekannt gegeben wurden, mehrfach tagte.
Beteiligt waren dort bedauerlicherweise keine Vertreter säkularer Interessen, sondern ausschließlich Länder und Religionsgesellschaften. Derartige Gespräche sind allerdings laut Grundgesetz für die Festlegung der Ablöse-Grundsätze weder vorgesehen noch erforderlich und sie sollten vor allem nicht „im Geheimen“ ohne die Möglichkeit zur zivilgesellschaftlichen Partizipation stattfinden.
Falls einige Länder tatsächlich gegen eine Ablösung der Staatsleistungen und somit gegen die Einhaltung des Grundgesetzes sein sollten oder das Thema nicht für dringlich hielten, wäre das zwar bemerkenswert, aber kein Hinderungsgrund für Sie, den Verfassungsauftrag nach über 100 Jahren umzusetzen und die Grundsätze für die Ablösung der Staatsleistungen vorzugeben. Weder die Länder noch die Kirchen haben bei diesem Verfassungsauftrag ein Vetorecht oder müssen ihre Zustimmung dazu erteilen.
Zur Höhe etwaiger Ablösezahlungen
Die Verfassungsgeber legten 1919 in Artikel 173 WRV fest, dass bis zum Erlass dieser Grundsätze die bisherigen auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften bestehen bleiben. Mit dem Wortlaut „bisherige“ sind ausschließlich die Ansprüche der Religionsgesellschaften (Kirchen) gemeint, die bei Inkrafttreten der Weimarer Verfassung 1919 bereits bestanden. Eine Ausweitung oder gar Neueinführung von Staatsleistungen an die Kirchen war nicht vorgesehen und kann heute auch keine Grundlage für eine Berechnung angemessener Ablösesummen sein.
Falls die Ermittlung der ursprünglichen Anspruchsgrundlagen aus der Zeit vor 1919 sowie der genauen Höhe der kirchlichen Ansprüche bei Inkrafttreten der Weimarer Verfassung nur mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand möglich wäre, schlagen wie Ihnen vor, die vorliegenden Haushaltsansätze der deutschen Länder für das Jahr 1949 hilfsweise als Maßstab zugrunde zu legen und diese Beträge als Höhe der ursprünglichen Ansprüche anzunehmen. Bei Bedarf ließen sich im Einzelfall die jeweilige Rechtsgrundlage und die Höhe des damaligen Anspruchs per Recherche in den Archiven herausfinden."