Tag der Menschenrechte 2022 – Aktionen und Exkursion des bfg

Führung durch den Historiker und Mitbegründer des Nürnberger Menschenrechtszentrums Dr. Otto Böhm (links) zusammen mit Teilen der bfg-Delegation (Foto: Hansjörg Albrecht)
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Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist eine Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen und wurde am 10. Dezember 1948 proklamiert. Sie wurde vor dem Eindruck der grauenvollen Menschenrechtsverletzungen im zweiten Weltkrieg verfasst und gilt zu Recht als bedeutender zivilisatorischer Schritt. Der 10. Dezember als Tag der Verkündigung durch die Vorsitzende der Menschenrechtskommission, Eleanor Roosevelt, wird seither als Tag der Menschenrechte begangen – in Bayern ein besonderer Feiertag, den der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern als Körperschaft des öffentlichen Rechts wirksam gemacht hat. Die konsequente Einhaltung der Menschenrechte ist eine der grundlegenden Forderungen des bfg.

Allerdings: Auch heute noch werden weltweit fortlaufend Menschenrechte verletzt.

In München, Regensburg und Nürnberg fanden zum Tag der Menschenrechte am Samstag, 10. Dezember 2022 Aktionen statt, um den offiziellen Feiertag mit Leben zu füllen. Die Demonstration vor der Oper und am Königsplatz in München wurde auf Initiative der gbs-Regionalgruppe München zusammen mit dem bfg München organisiert. 

„Demo“ zum Tag der Menschenrechte in München (Foto: Jule Kindler)

Der neue Vorsitzende des bfg Fürth, Hansjörg Albrecht, lud zusätzlich zu einer besonderen Exkursion ein: 12 Vertreterinnen und Vertreter aus drei regionalen bfg-Ortsgruppen Nürnberg, Fürth und Erlangen besichtigten zusammen den „Saal 600“ des Justizpalastes Nürnberg, den Schauplatz der NS-Prozesse. Die thematische Führung übernahm der Historiker Dr. Otto Böhm, Mitbegründer des Nürnberger Menschenrechtszentrums NMRZ. Er führte kompetent durch die Ausstellung und die beeindruckende Multimedia-Installationen im Saal 600. Mit Überblendtechnik werden dort alte Zeitdokumente auf eine transparente Leinwand projiziert.

 Präsentation von Zeitdokumenten im historischen „Saal 600“ durch Überblendtechnik (Foto: Hansjörg Albrecht)

So wird aus dem heutigen Gerichtssaal eine lebendige Bühne für historische Filmszenen. Die Delegation des bfg warf einen Blick auf den Umgang Nachkriegsdeutschlands mit den Nürnbergern Prozessen, erfuhr Details über die „Schlussstrich-Diskussion“ und vollzog nach, wie die anfängliche Zustimmung der deutschen Bevölkerung beim ersten Prozess gegen die Haupttäter bei den Nachfolgeprozessen zu kippen begann, bis hin zur überwiegenden Ablehnung.

Die Berichterstattung über die Prozesse hatte in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine unschätzbar wichtige Bedeutung: Über Zeitungsberichte zum Prozess wurden vielen Deutschen die Geschehnisse der Nazi-Zeit erst umfassend ins Bewusstsein gebracht. Die Nürnberger Prozesse sind aber auch wegen ihrer Dokumentation der NS-Taten von großem Wert. Und schließlich bahnten sie den Weg zur Einrichtung des internationalen Gerichtshofs in Den Haag.

Warum wurde damals ausgerechnet Nürnberg als Prozessort gewählt? Das hatte einen symbolischen und mehrere technische Gründe. Zum einen war Nürnberg als „Stadt der Bewegung“ in der NS-Zeit von großer sinnbildlicher Bedeutung. Ein Prozess an genau diesem Ort hielten die Siegermächte für ein geeignetes Zeichen. Hinzu kam, dass im Gerichtssaal ein großer Saal zur Verfügung stand, der auch Presse (Filmteams) zuließ, dass sich in unmittelbarer Nähe mit direktem Zugang zum Gerichtssaal ein Gefängnis befand und eine Richtstätte für die Vollstreckung der Todesurteile vorhanden war.

 Blick in den historischen „Saal 600“ , den Schauplatz der Nürnberger Prozesse (Foto: Hansjörg Albrecht)

Zwischen dem Historiker und den Besuchern vom bfg entspannen sich angeregte Diskussionen über den Unterschied zwischen Verletzung von Menschenrechten und Verletzung des Völkerrechts bis hin zu aktuellen Menschenrechtsfragen im Russland-Ukraine-Krieg. Die fundamentale Bedeutung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für die Entwicklung internationaler Rechtsstandards wurde ebenfalls andiskutiert.

Wer sich mit Menschenrechten befassen möchte, dem oder der sei die Ausstellung Memorium Nürnberger Prozesse im Saal 600 in Nürnberg sehr empfohlen. Die Ausstellung wird von vielen internationale Touristen rege besucht und ist inzwischen mehr als ein Geheimtipp bei einem ohnehin lohnenswerten Besuch der „Stadt der Menschenrechte“ Nürnberg.